
Sehr geehrte Investierende und Freunde/Freundinnen von APUS Capital,
egal mit wem man sich aktuell unterhält, die Vorgehensweise und Maßnahmen der neuen US-Regierung rufen viel Kopfschütteln, Unverständnis, aber auch Ängste hervor. Donald Trump und sein Team setzen im Eiltempo ihr im Wahlkampf propagiertes Regierungsprogramm um. Ihr rabiates Vorgehen schädigt dabei den weltweiten Ruf der USA als Verfechter von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Über Jahrzehnte gewachsene internationale Partnerschaften und Bündnisse werden aufgekündigt oder in Frage gestellt, Zölle massiv zur Durchsetzung eigener Interessen eingesetzt und diplomatische Verhaltensregeln über den Haufen geworfen. Hierbei ist die Kommunikation erratisch und oft widersprüchlich. Die Halbwertzeit mancher Aussagen ist nicht viel länger als ein Tag. Unzweifelhaft: Die USA haben sowohl politisch als auch wirtschaftlich eine Zeitenwende eingeläutet! Neben der Problematik, welche Reaktionen darauf seitens der bisherigen Verbündeten und Handelspartner nun angemessen und sinnvoll sind, treibt uns als Investoren natürlich die Frage um: Welche Auswirkungen wird das Vorgehen der US-Administration auf die Weltwirtschaft, einzelne Branchen und Unternehmen und damit auf die Kurse an den Börsen haben?
Die Antwort ist nicht so eindeutig, wie sie auf den ersten Blick erscheint. Weniger Freihandel und ein durch Zölle ausgelöster Inflationsschub sind sicher negativ für die Weltwirtschaft und damit ebenso für die Finanzmärkte. Demgegenüber dürften die politisch getriebenen Investitionsprogramme in Verteidigung und Infrastruktur aber einen Konjunkturschub in Europa auslösen. Außerdem könnten sich die durch Trumps Zölle ausgelösten veränderten Handelsströme für Europa als vorteilhaft erweisen. Darüber hinaus führt der Druck von außen zu einem lange nicht gesehenen Zusammenrücken der europäischen Staaten. Man verfolgt wieder verstärkt gemeinsame Ziele, bricht verkrustete Strukturen auf und bringt wichtige Reformen schneller voran.
Das Thema ist allerdings komplex. Die gegenseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeiten wie auch die Unsicherheit über die weitere politische Entwicklung machen eine Prognose nicht einfach. Wir bei APUS sind zwar primär Einzelwertspezialisten und haben somit unseren Fokus auf die Potentiale einzelner Aktien. Die Geopolitik verändert jedoch aktuell auf dramatische Weise die Rahmenbedingungen für unsere Unternehmen. Der politische Einfluss auf die Aktienmärkte ist so groß wie lange nicht mehr. Wir möchten daher im Folgenden versuchen, die Auswirkungen der Trump‘schen Politik für die Weltwirtschaft, auf Europa und einzelne Sektoren zu analysieren.
Starten wir mit der Handelspolitik der neuen US-Regierung: Was Donald Trump und sein Team dort mit großer Dynamik vorantreiben, ist für uns als neutrale Beobachter und Verfechter des Freihandels nur schwer zu verstehen. Ob allerdings ihre Zollpolitik, deren Hauptziel der Abbau des Handelsdefizits der USA ist, so negativ zu sehen ist, wie es von vielen Beobachtern getan wird, bezweifeln wir. Trump wie auch seine rechte Hand Elon Musk agieren so, wie sie ihre Unternehmen führen. Die angedrohten Zölle sind ein Druckmittel, um Staaten zu bewegen, auf Forderungen der USA auf anderen Gebieten einzugehen. Hat man dort sein Ziel erreicht, wird die Zollschraube wieder gelockert. So ist es zum Beispiel ein großes Ziel der Trump-Administration, das ausufernde Drogenproblem in den Griff zu bekommen. Allein 2023 starben 107.000 Menschen in den USA an Drogenmissbrauch. Die synthetische Droge Fentanyl ist inzwischen die häufigste Todesursache für Amerikaner zwischen 18 und 49 Jahren!

Die Zolldrohungen gegenüber Mexiko und Kanada haben unter anderem das Ziel, das Einschleusen der Drogen in die USA zu verhindern. Erste Signale in diese Richtung haben zeitweise zur Aufschiebung der Zölle geführt. Dieses Vorgehen der US-Regierung hat zwar den Beigeschmack der Erpressung und hat mit den klassischen Spielregeln der Diplomatie nur wenig zu tun. Die Strategie funktioniert aber offensichtlich und kann durchaus positive Effekte wie einen abnehmenden Drogenkonsum haben.
Ein weiterer Aspekt ist, dass es für Zölle ein wichtiges Korrektiv gibt: Die Wechselkurse! Höhere US-Zölle lassen die Nachfrage nach US-Dollars steigen, womit die amerikanische Währung gegenüber den mit Zöllen belasteten Staaten aufwertet. Bereits während der ersten Amtszeit von Donald Trump wurde die Wirkung seiner Zollmaßnahmen auf diesem Weg größtenteils konterkariert. Zwar mussten die Importeure Zölle bezahlen, ihre Waren verloren aber durch die Abwertung ihrer Währung gegen den US-Dollar nicht an Wettbewerbsfähigkeit.

Vor diesem Hintergrund erscheint auch die Gefahr von steigenden amerikanischen Zinsen durch eine zollbedingte Inflationsbeschleunigung eher unwahrscheinlich. Sollte es dennoch zu einer höheren Geldentwertung aufgrund der Zölle kommen, dürfte die amerikanische Notenbank wohl eher nicht darauf reagieren, weil es sich hierbei um einen einmaligen Effekt und keine dauerhafte nachfragebedingte Geldentwertung handelt. Im Gegenteil: Die Verunsicherung der Verbraucher und Unternehmen durch die Politik der US-Regierung könnte die bisher stabile US-Wirtschaft in eine Rezession abgleiten lassen. Genau diese Befürchtung wird aktuell an der amerikanischen Aktienbörse (man spricht schon von der „Trumpcession“) eingepreist. Eine deutliche Wirtschaftsabschwächung würde allerdings neuen Zinssenkungsspielraum für die amerikanische Notenbank eröffnen, was nach vorne gesehen ein Stimulus für die Aktienmärkte sein sollte.
Die Frage ist natürlich auch, welche Implikationen ergeben sich aus einem möglichen Handelskonflikt mit den USA für Europa? Zunächst einmal scheinen die wichtigen Handelspartner der USA (Mexiko, Kanada, China) im Fokus der US-Zollpolitik zu stehen. Trump könnte sich aber genauso verstärkt gegen Europa wenden – die Zölle auf Stahl und Aluminium sind hier ein erster Vorgeschmack. Dies würde aber – wie oben dargestellt – zu einem tendenziell schwächeren Euro mit positiven Effekten für die Exportwirtschaft führen. Darüber hinaus könnten Länder wie Kanada oder China stärker europäische Waren nachfragen, da sie politisch motiviert weniger aus den USA beziehen wollen. So hat die kanadische Provinz Quebec nach den Zollankündigungen der USA beschlossen, vorerst keine amerikanischen Unternehmen mehr bei öffentlichen Ausschreibungen zu berücksichtigen. Fairerweise muss man allerdings als möglichen Gegeneffekt berücksichtigen, dass zum Beispiel chinesische Unternehmen versuchen könnten, die nicht mehr in den USA absetzbaren Waren mit Preisnachlässen in Europa zu verkaufen.
Für Europa noch bedeutender sind jedoch die durch die veränderte Sicherheitspolitik der Trump-Regierung ausgelösten großen Investitionen der europäischen Staaten in Verteidigung und teilweise auch in die Infrastruktur. Hier sticht das 500 Mrd. € schwere Investitionspaket der angehenden neuen Bundesregierung hervor. Andere Staaten werden nachziehen. Um die sicherheitspolitisch notwendigen Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit nach dem „Rearm Europe“-Plan auf breiter Front zu ermöglichen, wurde auf dem jüngsten EU-Gipfel beschlossen, die Schuldenregeln in der EU zu lockern. Zudem wird die EU Kredite in Höhe von 150 Mrd. € an ihre Mitgliedsländer geben. Dies zusammen soll einen Spielraum von 800 Mrd. € für zusätzliche Verteidigungsausgaben in den kommenden vier Jahren eröffnen.
Zwar ist hier noch die eine oder andere politische Hürde zu nehmen, wie die aktuelle Entwicklung beim Thema Schuldenbremse in Deutschland zeigt. Der Handlungsdruck durch die verminderte militärische Rückendeckung der USA und die potentielle Bedrohung durch Russland ist aber groß. Die Investitionspläne werden daher wohl umgesetzt werden. Sicher gibt es edlere und bessere Ziele als öffentliche Gelder hierfür auszugeben. Europa muss sich aber, so traurig es ist, der veränderten Realität stellen.
Die europaweit dramatisch steigenden Verteidigungsausgaben und die zusätzlich in Deutschland durch die neue Regierung geplanten Investitionen in die Infrastruktur dürften sich als bedeutendes Konjunkturprogramm erweisen. Nach ersten Schätzungen sollten Deutschland und die EU wieder ein 2%iges Wachstum des Sozialproduktes erreichen, mit eventuell noch merklich höheren Zuwachsraten in 2026 und 2027. Die relative Attraktivität Europas als Investmentziel für US-Investoren könnte daher zunehmen, zumal eine merkliche Abschwächung der US-Wirtschaft wahrscheinlicher wird. Der schon zuletzt zu beobachtende Zufluss internationaler Gelder in die EU könnte sich somit weiter beschleunigen.
Dementgegen könnte man einen auf den ersten Blick negativen Aspekt für die europäische Wirtschaft und die Aktienmärkte anführen: Die Auswirkungen der zusätzlichen öffentlichen Investitionen auf die Zinsen! Die Befürchtung ist, dass die deutlich steigende Kreditnachfrage der öffentlichen Hände nur mit merklich höheren Zinssätzen befriedigt werden kann, ähnlich wie man es nach der Wiedervereinigung in Deutschland Anfang der 90er Jahre gesehen hat. Dies könnte wiederum die Investitions- und Bautätigkeit im privaten Bereich belasten und den Wachstumseffekt der hohen Verteidigungsausgaben deutlich verringern. Sollte es zu einem bleibenden Anstieg der langfristigen Zinsen kommen, würde dies wiederum den Euro erstarken lassen. Dies hätte preissenkende und damit deflationäre Wirkungen bei den Importen und würde den Zinsdruck wieder abmildern. Auch könnten relativ zu den USA höhere Zinssätze und die Chance auf Währungsgewinne steigendes Interesse ausländischer Investoren an europäischen Staatsanleihen nach sich ziehen. Mögliche durch die US-Zölle getriebene preisaggressive chinesische Importe in die EU könnten ebenfalls den Inflations- und somit den Zinsdruck abmildern.
Ein weiteres Ziel, das die neue amerikanische Regierung verfolgt, ist zudem der Abbau von Bürokratie. Dass man hierbei mit der „Holzhammer-Methode“ vorgeht, ganze Bereiche der öffentlichen Verwaltung ins Chaos stürzt und gleichzeitig quasi als „Nebeneffekt“ noch versucht, politische Gegner auszuschalten, ist sicher mehr als fragwürdig. Sollte es durch diese Radikalkur aber zu deutlichen Kosteneinsparungen und positiven Effekten für die US-Wirtschaft kommen, wird der Druck auf die EU und ihre Mitgliedsländer zunehmen, das Thema der überbordenden Bürokratie ernsthaft anzugehen. Nachdem viele europäische Unternehmen die ständig zunehmenden regulatorischen Vorgaben als größte Belastung für ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit sehen, könnte ein merklicher Bürokratieabbau erhebliche Wachstumsimpulse auslösen.
Sehr geehrte Investierende und Freunde/Freundinnen von APUS Capital,
die durch die Trump-Administration politisch und wirtschaftlich auf beiden Seiten des Atlantiks ausgelöste Konfusion könnte sich am Ende für Europa und damit ebenso für die europäischen Finanzmärkte erstaunlicherweise als positiv erweisen. Hierzu wäre es aber sicher gut, wenn langsam etwas Ruhe einkehren würde und die Investoren wieder ein etwas stabileres Bild der Rahmenbedingungen hätten. Prinzipiell sind wir aber optimistisch, dass die jüngsten Ereignisse die europäische Wirtschaft eher stärken werden. Internationale Anleger dürften daher wieder vermehrt auf europäische Aktien schauen. In diesem Umfeld sollte besonders die im Vergleich zu den US-Märkten deutlich günstigere absolute Bewertung europäischer Aktien Beachtung finden. Aus diesem Grund könnten US-Unternehmen wieder verstärkt auf dem alten Kontinent nach attraktiven Übernahmezielen Ausschau halten. Sollte es Trump zudem tatsächlich gelingen, eine für alle Seiten einigermaßen akzeptable Friedensinitiative für die Ukraine auf den Weg zu bringen, würde dies das Interesse an europäischen Aktien nochmals verstärken.
Erste Anzeichen einer relativen Outperformance der europäischen gegenüber den US-Börsen – ein lange nicht gesehenes Phänomen – haben wir in den letzten Wochen schon beobachten können. Hiervon haben zwar zunächst Sektoren wie Banken und Versicherungen, zyklische Industriewerte, Bauunternehmen aber auch kleinere Value Aktien profitiert. In diesen Sektoren sind wir bei APUS mit unserem auf Wachstum und Innovation orientierten Ansatz überhaupt nicht oder eher geringfügig investiert. Wir haben wohl vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse schon eher konjunkturneutrale Gesundheitstitel in attraktive, nun mit besseren Wachstumsperspektiven ausgestattete Industriewerte getauscht. Unsere innovativen und vielfach kleineren Technologieaktien haben aber dem Aufschwung des Gesamtmarktes bisher nur bedingt folgen können – sicher auch eine indirekte Auswirkung der aktuellen Schwäche des amerikanischen Technologiesektors. Da viele der politischen Ziele wie zum Beispiel eine verbesserte Infrastruktur (Bsp. Smart Cities) oder der Bürokratieabbau nur mit einem verstärkten Einsatz neuer Technologien erreicht werden können, sind wir aber überzeugt, dass besonders unsere Wachstumswerte noch vom möglichen Aufschwung an den europäischen Börsen profitieren werden. Denn: Große technologische Trends werden von politischen Ereignissen nur überlagert, aber niemals aufgehalten!
Mit besten Grüßen von den Mauerseglern aus Frankfurt!
Jürgen Kaup, Stefan Meyer, Johannes Ries, Uwe Schupp, Dr. Roland Seibt und Heinz-Gerd Vinken